VERLUSTKETTE NACH TRAUMA

Bild: © Peggy und Marco Lachmann-Anke auf pixabay.com
Bild: © Peggy und Marco Lachmann-Anke auf pixabay.com

Jeder Mensch hat seine eigenen Verluste

Die Verlustkette nach einem traumatischen Erlebnis ist bei jedem betroffenem Menschen eine Andere. Doch jeder traumatisierte Mensch ist mit Verlusten konfrontiert. Entweder unmittelbar während des Geschehens, oder zeitversetzt nach dem Trauma. Auch viele Jahre nach einem Trauma können noch Verluste auftreten. Selten bleibt es bei nur einem Verlust. Ein schweres Trauma ist ein so tiefer Einschnitt in das Leben eines betroffenen Menschen, dass zwangsweise mehrere oder auch viele Verluste zu beklagen sind.

Verluste physischer und psychischer Stärken

In meinem persönlichen Trauma habe ich während des Unfalls zum Einen meine körperliche Unversehrtheit und Selbständigkeit verloren, zum Anderen meinen psychische und physische Widerstandskraft. Ich hatte all dem was danach kam kaum noch etwas entgegen zu setzen. Vieles habe ich einfach über mich ergehen und mit mir machen lassen. Jegliche Kraft war aus meinem Körper entwichen.

 

Wer bin ich, wenn ich mich nicht mehr sehe?

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Die Verluste nach dem Unfall waren schier endlos. Dinge, an die ich nie zuvor auch nur einen Gedanken verschwendet habe, wie z.b. der Verlust meiner Weiblichkeit oder der Verlust meines Gesichtes beim Blick in den Spiegel. Da war einfach nur eine leere Fläche.

In diesem Moment hatte ich mich selbst verloren.

 

 

Die ersten zehn Jahre nach dem Unfall waren gefüllt mit Verlusten. 

Ein Verlust nach dem anderen

Verlust meiner Arbeit

2010. Einer der schlimmsten Verluste war die Entsorgung aus dem Arbeitsleben. So zumindest hat sich meine Berentung 2010 angefühlt. 

 

Mit Anfang vierzig aus dem Arbeitsleben genommen zu werden, war viel mehr als nur der Verlust der Arbeit. Damit einher ging auch der Verlust sozialer Kontakte. Freundschaften, die sich entwickelt hatten sind über die Jahre eingeschlafen.

 

Mein fachliches Wissen hat niemanden mehr interessiert. Ebenso wenig meine guten beruflichen Qualifikationen.

 

Ich hatte das Gefühl, aus der Gesellschaft entsorgt zu sein. Der Weg in die soziale Isolation war beschritten.

Verlust der Partnerschaft

2011. Der Verlust meiner Partnerschaft hat sich im Nachhinein als Glücksfall und Lebensretter erwiesen. Zum Zeitpunkt der Trennung war mir das leider nicht klar. Ganz im Gegenteil. 

 

Meine Angst vor dem Alleinsein war derart groß, dass ich all die Schikanen und Gemeinheiten meiner Beziehung hingenommen habe. Auch hat mir jegliche Kraft gefehlt, diesem kranken Miteinander etwas entgegenzusetzen.

 

Die Gewissheit, allein nicht überleben zu können, hat mich in eine Art Lethargie verfallen lassen. Umso größer war der Schock, als mein Beziehungswesen mir sehr unromantisch mitgeteilt hat, dass unsere Liebe vorbei sei und ich ausziehen solle. Am Besten sofort. 

Verlust der Hoffnung

2014. Nachdem viele Versuche wieder sozialen und gesellschaftlichen Anschluss finden zu können gescheitert waren und ich nicht mehr wusste, was meine Aufgabe im Leben ist, habe ich meine Hoffnung verloren. 

 

Ich hatte begonnen, Dinge die mir wichtig waren zu entsorgen und mich Schritt für Schritt auf das Sterben vorbereitet. Das Thema Tod war mir fast drei Jahre lang durch den Kopf gegeistert. War irgendwo ein Mensch gestorben den ich "kannte", z.b. Schauspieler*innen oder Sänger*innen, hat mich das zutiefst traurig gemacht. Ich habe gelitten, als hätte ich nahestehende Verwandte verloren. 

 

Jede annähernd negative Nachricht hat mich in Tränenmeere ausbrechen lassen. Meine Seele war völlig verwirrt.